Geburt
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DSC00300.JPG (491071 Byte) Simon Kruse, zuhause geboren am 25.08.2006 um 22:59 Uhr mit 4.200 g und 54 cm, KU 37 cm

 

 

Für diese Geburt hatte ich einen besonders großen Wunsch nach Ruhe, Intimität und Selbstbestimmtheit. Den Streß mit einer ätzenden Ärztin wie bei Laura wollte ich mir auf keinen Fall noch einmal antun! Aus diesem Grund habe ich mich erstmal frühzeitig um eine Beleghebamme gekümmert. Die Gebühr für die Rufpauschale muß man zwar aus eigener Tasche zahlen (in diesem Fall 250 €), aber das war es mir auf jeden Fall wert!

In der 37. SSW bin ich dann in die von ihr empfohlene Klinik zur Geburtsplanung gegangen, wo ich nach einem Kontroll-CTG noch vom Chefarzt der Gynäkologischen Abteilung per US untersucht wurde. Er hat sich im Anschluß an die Untersuchung meine Erlebnisse bei Laura´s Geburt schildern lassen und hat sich genau notiert, was ich diesmal gern anders hätte. Ich fühlte mich von ihm sehr ernst genommen und er hat die Notizen auch gleich von der Sekretärin in den Kreissaal geben lassen, damit die da bescheid wissen, wenn wir kommen. Im Hinterkopf spukte aber schon länger der Wunsch nach einer Hausgeburt...

Zuerst hatte Thomas arge Bedenken bei dem Gedanken zuhause zu entbinden. In seinem Kopf schwirrte wohl die Vorstellung von "wir brauchen heißes Wasser und warme Tücher!!!" aus den alten Western. Aber nach einigen Gesprächen mit der Hebi war er so gut informiert, daß er sich das doch vorstellen konnte. Ein bißchen mulmig war ihm zwar noch immer, "aber wenn es dann ernst wird, dann finde ich mich bestimmt gut damit zurecht". Und so war es dann auch :O)

 

Nach einem Fehlalarm kurz vor dem errechneten Termin wurde es ET +4 plötzlich ernst.

Am 24.08. habe ich noch den Rasen ultrakurz gemäht, damit wir erstmal nix damit zu tun haben, falls es denn bald losgehen sollte. Am 25.08. ging ich mit Laura noch gemütlich den Wocheneinkauf erledigen. Gegen 17:00 Uhr waren wir zurück und während sie mit unserer Nachbarstochter spielte, räumte ich alles weg. Währenddessen hatte ich alle 10-15 Minuten meine Übungswehen, wie schon die Wochen davor. Also nichts besonderes. Aber dann...

Gegen 19:30 wollten 5 unserer Freunde zu einer Spielerunde kommen und Döner mitbringen. Um 19:00 Uhr kam zu den Übungswehen plötzlich ein starkes Ziehen im Unterleib, als ob ich die Tage bekomme. Ich bat Thomas seine Mutter anzurufen, damit sie Laura vorsichtshalber holt. Die war auch bald da und lud Laura mit Sack und Pack ein, damit sie 1 Woche dort verbringen konnte. Mann, war die hibbelig! Naja, einen Fehlalarm hatte sie ja schon mitgemacht... die Arme ;-)

Kaum war Schwiemu vom Hof, kamen unsere Freunde. An meinem leckeren Hähnchendöner hatte ich allerdings nicht viel Freude - plötzlich fiel mir das Kauen so schwer...? Ich warnte schon mal vor, daß sich die Runde unter Umständen zu Klaus verlagern müßte und verabschiedete mich, nun mit 5 Minuten-Abständen, erstmal in die Badewanne. Das Telefon nahm ich schon mal mit hoch und informierte meine Hebi (Eva) über den Stand der Dinge. Sie fragte mich dann, ob sie schon gleich kommen sollte, aber ich wollte erst mal das Bad abwarten.

Nach knapp 10 Minuten war ich dann schon bei 3 Minuten-Abständen angekommen und ich mußte tüchtig schnaufen! Also Eva wieder angerufen und herbestellt. Da war es knapp 20:30 Uhr. Krusi feuerte die Jungs zu schnellerem Kauen an und bat sie zu Klaus überzusiedeln. Von unten hörte ich nur "alles Gute und viel Glück", als sie das Haus verließen. An die Haustür kam ein Schild:

Pssst! Hausgeburt - bitte nicht stören. Danke

Dann bereitete Krusi im Wohnzimmer den Fußboden und die Schlafcouch vor, damit ich es gemütlich aber Spütterfest habe :O) Auf die Couch kam zuerst Malerfolie und dann Laken und Bettzeug, auf den Fußboden in unserer "Afrika-Ecke" erst mehrere dicke Wolldecken, Isomatten, darüber blaue Gewebeplane, und darauf eine Lage Bettbezüge (mit Jungelbuch-Motiven). Ich schälte mich schnaufend und pustend aus der Wanne und kam die Treppe runter gewackelt. Dann habe ich mich mit Arme hoch an die Schrankwand gestellt und kämpfte beim Wehen veratmen darum, daß das bißchen Hähnchendöner, das ich geschafft hatte, bitte drin blieb... wurgs! Es war nun 10 vor 9 Uhr und die Wehen kamen alle 2-3 Minuten...

Eva wollte bei ihrem Eintreffen eigentlich gern mal nach dem Muttermund sehen. Weil das im Liegen am besten geht, begab ich mich in einer Wehenpause auf die Couch. Doch kaum lag ich, kam schon wieder eine Wehe und ich mußte aufspringen, weil ich es im Liegen nicht aushalten konnte. Das ging 3 mal so, dann schaffte sie es doch zu fühlen. Schon 4-5 cm! Hui, da hatte es aber jemand eilig :OD Bei der Vorsorgeuntersuchung am Morgen war noch alles zu und teilweise erhalten!

So aufrecht an der Wand konnte ich das Becken nicht gut locker lassen, deshalb habe ich mich dann in der abgesicherten Ecke mit den Ellenbogen in meinen Hängesessel gestützt und die Knie wie beim Skifahren ein wenig gebeugt. Mit jeder Wehe konnte ich fühlen, wie ich mich weiter öffnete. In der Übergangsphase rutschte ich dann so weit runter, daß der Hängesessel zu weit oben war, also stellte man mir einen Küchenstuhl hin, wo ich die Ellenbogen auf die Sitzfläche stützen konnte. Wie viele Frauen habe ich in dieser Zeit geschimpft wie ein Rohspatz und noch gesagt: " wenn ich nicht schon da wäre, würde ich jetzt nach Hause wollen!". Die Lacher waren natürlich auf meiner Seite! Es war überhaupt eine sehr entspannte Situation und Thomas hat ganz lieb die ganze Zeit seine wunderbar warmen Hände auf mein Kreuzbein gelegt, das mir wieder entsetzlich weh tat unter den Wehen. Aber so war es sehr gut zu ertragen und ich spürte tatsächlich (wenn auch kurze) Wehenpausen. Der Massai und die Himbafrau auf den großen Wandbildern schauten mir stumm dabei zu...

Eva war dicht bei uns und beobachtete still, wie es voran ging. Dabei kontrollierte sie nur 4x mit dem Doptone ganz kurz die Herztöne (die immer Top waren) und sah noch einmal nach dem Muttermund. Der war da bis auf einen kleinen Saum voll eröffnet! Als ich auf einer Schmerzwelle davon zu gleiten drohte, erinnerte sie mich daran wieder tiefer zu tönen und gab mir ein paar Globuli unter die Zunge. Plötzlich hatte ich wieder volle Energie und konnte fühlen, wie der Kopf tiefer rutschte. Ich rief nur: "er kommt, er kommt JETZT!!!" da mußte ich auch schon pressen!

Ich mußte ganz schön kräftig mitschieben, weil er es so eilig hatte, daß der Kopf nicht ganz optimal gedreht war. Als ich schon dachte, der Kopf hat gar kein Ende, war er endlich geschafft. Die Fruchtblase war noch immer zu, also hieß es erstmal aufpieken. Dabei bekam Eva eine kleine Dusche ab :O) Tja, Hebammen leben "gefährlich". Dann rückte sie Baby den Kopf ein bißchen zurecht und half bei den Schultern noch mal mit. Weil die eben nicht optimal im Geburtskanal steckten, hing er ein bißchen fest. Bei der "Nachhilfe" erlitt er am rechten Schlüsselbein unbemerkt einen Bruch und ich einen kleinen Riss. Der war aber so mickrig, daß er nicht weiter versorgt werden mußte. Aber endlich lag er zwischen meinen Füßen! Ich fragte gleich, ob er Haare hat (bescheuerte Frage eigentlich... jaja, die Hormone!) und als ich mich ein klein bißchen von der letzten Wehe verschnauft hatte, nahm ich ihn auf den Bauch. Ein komisches Gefühl, so warm, etwas glitschig, und die Nabelschnur puckerte in meinem Schritt munter weiter... Diesmal durfte sie in Ruhe auspulsieren, während Simon schon an meiner Brust schnupperte und ich an ihm. Thomas lehnte sich mit dem Rücken an die Rückwand der Couch und ich mich an ihn, so kuschelten wir drei ganz gemütlich, während Eva schon etwas Ordnung machte. Während dieser Zeit lief auf dem CD-Player das Lied "Homeless" und mir war ganz rührselig zumute...

Es dauerte gar nicht lange, da suchte Simon nach dem, was da so gut roch und wir halfen ihm an die Brustwarze. Sofort kribbelte die Aufregung in mir hoch - ob es diesmal wohl klappen würde mit dem Stillen? Simon fegte jeden Zweifel vom Tisch und genoß sehr ausführlich (fast eine halbe Stunde) seine erste Mahlzeit an der frischen Luft :OD

So haben wir unseren Sonnenschein also in aller Ruhe zuhause auf die Welt begleitet und Thomas flüsterte mir ins Ohr, daß es das Beste war, was wir tun konnten. Eva hat mit gekonntem Nichtstun mehr getan, als alles Krankenhauspersonal bei Laura´s Geburt mit all ihrem Aktionismus zusammen. Auch in der Nachsorgezeit war sie ein absoluter Engel, aber das ist eine andere Geschichte...